Nachruf
Grosser Verlust für Basels Kultur
Vera Oeri-Hoffmann gestorben
Sie wurde 79 Jahre alt - Sie gründete
das Museum für Gegenwartskunst und das Museum Jean Tinguely - Vera
Oeri war die reichste Frau der Schweiz
Von Jürg-Peter Lienhard
BASEL.- Basel trauert um eine hochangesehene,
engagierte Kultur-Mäzenin: Vera Oeri-Hoffmann starb am Donnerstag,
16. Oktober 2003, im Alter von 79 Jahren in Basel.
Als Enkelin des Gründers des Basler Pharma-Konzerns F. Hoffmann-La
Roche (Roche) hat sie ihr sagenhaftes Vermögen für weitverzweigte,
meist anonyme Wohltätigkeit in karitativen, ökologischen und kulturellen
Bereichen eingesetzt, wie Radio DRS in den Nachrichten des «Echo der
Zeit» vom 17. Oktober 2003, um 18 Uhr berichtete.
Man kann mit viel Geld viel Unsinn verursachen: In Fussballclubs
investieren, Schiffsladungen voll Teddybären kaufen, noch mehr Geld
scheffeln und andere perverse Dinge. Vera Béatrice Oeri-Hoffmann
wählte einen anderen Weg: Getreu der Devise von Paul Sacher, der ihre
verwitwete Mutter Maja heiratete, wonach das Leben Vermögen nur auf
Zeit «leiht», hat sie ihr Vermögen in wohlweislicher Erkenntnis
gewissermassen der Menschheit zur Verfügung gestellt: In Projekte der
Musik, der Kunst und des Museumswesens.
Nach dem von der Pressestelle der «Familien-AG» Roche
veröffentlichten Lebenslauf, hat Vera Oeri mit ihren fünf Kindern,
die sie bewusst und mit grosser Freude erzog, auch persönlich ihr
Leben voll erfüllt. Dabei blieben ihr traurige Rückschläge
nicht erspart: Als sie knapp 8 Jahre alt war, verunfallte ihr Vater, Emanuel
Hoffmann, tödlich, und im Jahr darauf starb ihr älterer Bruder
Andreas an Leukämie.
Bis zum Tod aktiv
Nach der Heirat 1948 mit dem Arzt Jakob («Joggi»)
Oeri und dem Aufziehen ihrer fünf Kinder, nahm sie verschiedene Ämter
in der Basler Kultur an. So war sie neben der Mitgliedschaft des Basler
Kammerchors, Vorstandsmitglied des Basler Kammerorchesters und Stiftungsrat
der Musikakademie Basel. Die wichtigste Tätigkeit für Basels Kultur
war ihre Mitgliedschaft im Stiftungsrat der Emanuel-Hoffmann-Stiftung, der
sie von 1979 bis 1995 als Präsidentin und bis zu ihrem Tod als aktives
Stiftungsratsmitglied angehörte.
Der Sammlung Emanuel-Hoffmann, die den Namen ihres verunfallten Vaters
trägt, verschaffte sie ein höchst komfortables «Dach über
dem Kopf» mit dem Bau des Museums für Gegenwartskunst in der
«d‘Albe», wodurch das Kunstmuseum Basel in die erste Liga der
wichtigsten Kunstmuseen der Welt katapultiert wurde. Eine weitere hochrangige
Gründung für die Weltkultur war der Bau des Museums Jean Tinguely
und der Ermöglichung wichtiger Folgeausstellungen über die Kunst
des 20. Jahrhunderts.
«Tue Gutes und sprich nicht darüber»
Vera Oeri galt zeitweise als reichste Frau der Welt, wie das
Wirtschaftsmagazin «Bilanz» zu melden wusste. Immerhin war sie
die reichste Frau der Schweiz. Sie war ein «Mensch wie Du und ich»;
man konnte sie oft an öffentlichen Anlässen antreffen, dh. gut
«übersehen»… Ihre karitativen und mäzenischen Tätigkeiten
bertrieb sie getreu dem altbaslerischen Motto: «Tue Gutes und sprich
nicht darüber.» Bis kurz vor ihrem Tod besorgte Vera Oeri-Hoffmann
ihre täglichen Einkäufe selbst. Sie benutzte dazu das Tram und
einen gewöhnlichen Einkaufswagen. Hauspersonal gab es bei ihr daheim
nicht.
Am Aktionärspool der Familien Hoffmann und Oeri, der mit 50,01
Prozent der Stimmen die Mehrheit am Basler Pharmakonzern hält, ändere
der Todesfall nichts, erklärte Roche-Sprecher Baschi
Dürr auf Anfrage.
Verlust auch für die Paul-Sacher-Stiftung
Als grossen Verlust werden die Musik-Wissenschafter der Paul-Sacher-Stiftung
den Tod ihres aktiven Stiftungsmitgliedes zu spüren bekommen: Die
ehemalige Privatsekretärin ihres Stiefvaters, Paul Sacher, war die
einzige verbleibende Stimme, die Musik als Lebensinhalt verstand und dadurch
Motiv und Überzeugung in die Leitung der Stiftung einbrachte. Der Präsident
der Stiftung, Fritz Gerber, jedenfalls investiert sein Vermögen in
den Grasshoppers-Fussballclub…
Jürg-Peter Lienhard
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