Zolli-Apéro
Das neue, artgerechtere Raubtierhaus eröffnet
Wo sind sie denn, die Löwen?
Die drei Wildfänge müssen sich
erst noch ans Gehege und ans Publikum gewöhnen - Seit 1987 weiss
man, dass auch Katzen AIDS bekommen können
Da hatte der offizielle Zolli-Fotograf Jörg Hess mehr Glück
als die Journalisten-Schar am Eröffnungs-Apéro: Noch ziehen
es die jungen Löwen im neuen Raubtierhaus vor, nur nachts, wenn es
nicht vor «Menschenfleisch» wimmelt, ihr neues Freigehege
zu erkunden. Foto: Jörg Hess, Basel © 2003
Von Jürg-Peter Lienhard
Was ist denn schon ein Zoo ohne Löwen?
Eben: Seit Donnerstag, 25. September 2003, ist der Basler Zolli wieder
ein richtiger Zoo. Denn jetzt kann das Publikum theoretisch drei junge Löwen
- ein Männchen und zwei Weibchen - aus Namibia in der neuen Raubtieranlage
bestaunen. Theoretisch?
Ja, denn praktisch muss man schon sehr Glück haben, wenn
die erst vor wenigen Tagen in Basel angekommenen Löwen, jetzt schon
Lust auf «Menschenfleisch» haben: Die Tiere beginnen nämlich
erst seit kurzem, ihr Aussengehege langsam in Besitz zu nehmen - vorläufig
bevorzugt nachts.
Es war diesmal eine recht ansehnliche Gesellschaft, die da am ausserordentlichen
Medien-Zolli-Apéro erwartungsvoll hinter dem Zollidirektor Oliver
Pagan zur Afrika-Anlage pilgerte. Und vielleicht war unter diesen «normalen
Baslern» auch der eine oder die andere aus dieser «Daig»
geheissenen Bevölkerungsschicht inkognito dabei, auf deren grosszügiges
Spenderherz der Basler Zolli allemal zählen kann: Von den 18 Millionen
Franken, die die zwei Etappen der Afrika-Anlage gekostet haben, musste
der Zolli keinen einzigen «Centimes» aus eigener Tasche berappen.
Alles kam aus den höchst verschwiegenen Quellen dieser famosen Zolli-Freunde,
wie Pagan in seiner Begrüssungsansprache im neuen Raubtierhaus stolz
verkünden konnte.
Da Tiere eben nicht gerne das machen, was der Mensch von ihnen will,
und weil dies inbesondere die Zolli-Verantwortlichen sehr konsequent
berücksichtigen, war man aber darauf vorbereitet, dass die Löwen
sich aus ihren zahlreichen und speziell in der Architektur des Geheges
eingeplanten Verstecken nicht extra für die Medien in Positur setzen
würden.
Jörg Hess hatte mehr Glück…
Jörg Hess, der geduldige Tierbeobachter, Fotograf, Filmer -
und was immer für ein Medium es erfordert, um Tiere durch Beobachten
verstehen zu lernen, Jörg Hess eignet es sich an, und so kamen die
Gäste zu den ersten Bildern der drei Löwen. Diese musste Hess
in der Nacht filmen, wie sie sich auf ein halbes Rind stürzten und
die Beute eifersüchtig vor ihren Artgenossen verteidigten.
Zwar heisst es auf dem Plakat vor
dem Freigehege des neuen Raubtierhauses: «Zurück in Basel»
- doch brauchts noch etwas Geduld, um sie zu sehen. Foto: J.-P. Lienhard,
Basel © 2003
Am Tag ist momentan von den Löwen nicht viel zu sehen,
denn noch ist ihnen die neue Umgebung etwas suspekt, zumal, wenns «Menschenfleisch»
in rauhen Mengen hat, die neugierig auf ihr Erscheinen warten. Doch heischt
das - auf den ersten Blick «leere» - Gelände auch ohne
Löwen schon Interessantes zu beobachten. Da fällt erstens einmal
die «Topographie» des Aussengeheges auf: Keine dicken Gitter,
kein Gefängnis- oder Käfigeindruck.
Savannenähnlich - aber mit Komfort
Wo es aus Sicherheitsgründen nötig ist, Distanz zum Publikum
herzustellen, fliesst ein Bach, der einen Graben verdeckt. Statt einer
Mauer gibts eine Felswand, und auch im offenen Gehege selbst, können
sich die Tiere hinter Hügeln, Büschen und Bäumen zurückziehen,
wenn sie es satt haben, angestarrt zu werden. Die Anlage sollte tiergerechter
und savannenähnlicher sein - was zweifellos gelungen ist, vergleicht
man mal Bilder aus früheren Zeiten über die Raubtierhäuser.
Es vergehen kaum ein paar Minuten, während ein waches Auge das
Aussengehege erkundet - und schon flitzt etwas Braunes mit einem langen
Schwanz vorbei und macht plötzlich «Männchen». Es
sind sogenannte Fuchsmangusten, ähnlich den Erdmännchen, die das
Gehege zusammen mit den Löwen teilen. Denn als Beute, sind diese lustigen
Geschöpfe für den Löwen zu klein, um selbst als Apéro
Gefallen zu finden. Und sollte einmal einer doch… dann gibts zahlreiche
Löcher und etliche unterirdische Gänge, die man extra in die Anlage
eingebaut hat, damit sich auch die Fuchsmangusten rechtzeitg verziehen können.
Vielleicht
sehen die lustigen Kerlchen, die Fuchsmangusten, gerade einen Löwen
hinter dem Felsen? Auf jeden Fall muss es etwas Spannendes
sein, etwas, was den gewöhnlichen Zolli-Besuchern verborgen bleibt.
Foto: Jörg Hess, Basel © 2003
…sogar mit beheizbaren Liegeplätzen
Was ebenso wie die typische Topographie einer Savanne aussieht,
ist jedoch unter der Erdobefläche auch an gewissen Stellen beheizbar.
So können die Löwen, die ja Tropentiere sind, und die wie alle
Katzen gerne ein warmes Plätzchen haben (wie die Hauskatze auf der
Kunst), sich auch an kühleren Tagen im Freien aufhalten und ihrer
Lieblingsbeschäftigung frönen: Faulenzen!
Wenn natürlich im Zolli etwas so Wichtiges wie die Neueröffnung
des Raubtiergeheges ansteht, ist dann auch Gelegenheit, weiteres Interessantes
zum Haus, zur Tierhaltung, zum Tierschutz und andere Themen aufzugreifen
und zu erläutern. Der Innenraum wurde für die Medien und Gäste
zu einem temporären Vortragsraum hergerichtet. Im Gebäudeinnern
gibts ausserdem Schaukästen und Bildschirme, auf denen Komplementäres
zu Löwen, Land und Leuten, wo die Raubtiere heimisch sind, erläutert
wird. Übrigens ganz im Sinne, wie es bereits im Etoscha-Haus praktiziert
wird - die Zusammenhänge sollen aufgezeigt werden.
Interessante Vorträge von interessanten Leuten
Zunächst erläuterte Gerry Guldenschuh in etwas kompetenteren
Worten mein Obgesagtes (-geschriebenes) zum Gebäude und zu den Fuchsmangusten.
Hierauf sprach der Biologe Prof. Lutz aus Zürich über die «Feline
Immunschwäche» (FIV), die viele Löwen in Afrika befallen
haben - ausser denjenigen von Namibia, woher die drei Wildfänge stammen.
Die auch «Katzen-AIDS» geheissene Immunschwäche ist zu
einer grossen Gefahr für die weltweite Löwenpopulation geworden
und kann auch die gemeine Hauskatze befallen.
Auch leer schön anzuschaun. «Leer»? Was
ist denn eine Libelle, was eine Fuchsmanguste? Warum ist eine Savannen-Topographie
«leer», wenn die Löwen in ihrer Höhle gerade ein
Nickerchen machen? Auch Hinschauen will gelernt sein! Foto: J.-P. Lienhard,
Basel © 2003
Diese, ebenso beim Menschen AIDS geheissene, häufig tödliche
Krankheit, kann nicht mit bekannten Mitteln bekämpft werden. Eine
wirksame Massnahme zur Verhinderung von deren Verbreitung ist allein die
Isolation von den gesunden Populationen, die nicht in Berührung mit
infizierten Tieren kommen sollen. In der Freiheit, wo die Tiere oft viele
Kilometer umherwandern oder von den sesshaften Farmern vertrieben werden,
ist das sehr schwierig einzuhalten. Darum bekommt der Zoo immer mehr auch
die Funktion für die Arterhaltung von vor dem Aussterben bedrohter Tieren
zu.
Mensch und Löwe im Konflikt
Wie das Zusammenleben von Mensch und Löwen welche Probleme birgt,
zeigte in einem weiteren Vortrag die Zürcher Biologin Sandra Ramsauer,
die im Raubtierhaus einen Teil der Ausstellung konzipiert hat und mithilfe
des Basler Zolli in Afrika Feldforschung betreibt. Sandra Ramsauer zeigte
auf, wie schnell die Welt immer kleiner wird, wie wenig Überlebenschancen
Wildtierbestände haben, die früher als «Könige der
Tiere» galten, wenn nicht wirksame Hilfe auf dem Fuss folgt. In ihrem
Kässeli, das sie vor wenigen Wochen im Zolli für die Arbeit
zum Löwenschutz aufgestellt hat, sind in dieser kurzen Zeit schon
4000 Franken zusammengekommen. Das ist natürlich nur einen Tropfen auf
den heissen Stein, zeigt aber doch, dass das Publikum an ihrer Aufgabe teilhat.
Aber lassen wir nun zu den vielen angesprochenen Themen die Zolli-Leute
ausführlich mit ihren eigenen, kompetenteren Worten zum Zug kommen:
Lesen Sie aus dem Inhalt der Pressemappe am ausserordentlichen Medien-Zolli-Apéro
vom Donnerstag, 25. September 2003 gleich selbst weiter:
• Pressecommuniqué
zum ausserordentlichen Zolli-Apéro
• Eckdaten über
die Löwenhaltung im Basler Zolli
• Hintergrundinformationen zur Eröffnung Löwengehege
• Seite 1
• Seite 2
• Seite 3
• Seite 4
Jürg-Peter Lienhard
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