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Conquista


Fünfhundert Jahre Schmach


Von Juan Jesùs Godoy-Rosa

Geleitwort zur Fotoausstellung über die Auswirkungen der Entdeckung und Christianisierung der Ureinwohner Amerikas, organisiert durch Juan Godoy, zugunsten der Admapu, und Irene Diaz zugunsten des Rates aller Länder im Flüchtlingszentrum Gundeldingerstrasse 161 in Basel.

Aus dem Italienischen übertragen von: Sergio Gregorio

 


Denkmal Christophoro Colombo in Lavazza bei Genua.
Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2003

 

Die Fünfhundertjahrfeier der «conquista» (Eroberung) des lateinamerikanischen Kontinents wird nicht unbeachtet über die Bühne gehen. Damit bin ich einverstanden! Nicht einverstanden bin ich mit der 500-Jahr-«FEIER»!

Ich billige die Ansicht, dass man nicht «Entdeckung» schreiben soll, da Amerika lange vor der Entstehung der «Corona Castellana» bevölkert war. Tatsache ist, dass mit der «conquista» und mit der Ausrottung der Eingeborenen die «Weltkarte» mit einem neuen Kontinent versehen worden ist.

Dies beseitigt die Verbitterung über dieses traurige Jubiläum nicht. Viele beklagen immer noch die Zerstörung der antiken Zivilisationen, die Massaker und die Unterdrückung der Eingeborenen auf dem Kontinent.

Viele klagen uns an, nur die negative Seite der Geschichte zu betrachten, indem wir den positiven Aspekt dieser «wissenschaftlichen Begegnung» verschweigen.

Uns Lateinamerikanern ist klar, dass aus dieser «wissenschaftlichen Ausrottung» mehr Opfer als «Bekehrte» hervorgegangen sind. Aber... aufgepasst! Während diesen fünfhundert Jahren Blut, Ausbeutung und Versklavung müssen wir, neben der kastilischen Krone, auch die päpstliche Kurie, die Engländer, die Franzosen, die Holländer, die Deutschen, die Portugiesen, die Venezianer, die Genuesen u.a. anklagen, da ihre Geschichten mit Eingeborenenblut befleckt sind.

Der Schluss der «Invasion», oder besser die Bilanz der wissenschaftlichen Begegnung, ist nicht (und wird auch nie) positiv für all diejenigen ausgefallen, die Abscheu vor dieser Massenvernichtung empfinden, die mitdem nationalsozialistischen Holocaust verglichen worden ist.

Wir gehören nicht zur Gruppe der Kläger, die das Blut der Gefallenen feiern. Wir möchten auch nicht mit all denen am gleichen Tisch sitzen, die durch den «Menschenhandel» reich geworden sind, damit sie sich später mit den «conquistadores» zusammen als die «fortschrifttlichsten Eroberten» fotografieren lassen können.

Dass der Lateinamerikaner Hilfe braucht, ist unbestritten, aber die Menschenwürde verkauft man um keinen Preis!

Alle, die für uns Partei ergreifen, sind keine «Romantiker» und stehen nicht aus Laune auf seiten der Schwächeren. Es zählt «die Würde», und das Recht auf Leben veranlasse uns, diesen Appell an die bis zum heutigen Tage von der Ausrottung bedrohten Völkerzu richten.

Viele schreiben in ihrer zynischen Rhetorik, dass die Indianer keine zivilisierten Wesen waren. Aber kann man denn die Eroberungen und Wiedereroberungen als «zivilisiert» bezeichnen? Wo steht in der Genesis geschrieben, dass der Indianer ein «minderwertiges Wesen» ist und daher ohne weiteres ausgerottet werden darf?

Wenn in der Geschichte derzivilisierten Welt, auf jedem Kontinent ähnliche Ereignisse vorgefallen sind, wie die Entstehung neuer Reiche und das Zerfallen anderer, gibt dies keinem Kontinent das Recht, das Schicksal des Lateinamerikaners für die Ewigkeit zu beeinträchtigen.

Unglaublich! Wenn wir die Bekehrungsbestrebungen der Eroberer mit der heutigen Bekehrung vergleichen, wächst die Schmach. «Die Ausrottung von gestern ist mit der heutigen identisch.» Der Kontinent kämpft seitfünfhundert Jahren um das armselige «Überleben» und in der Zwischenzeit (schon seit dem letzten Jahr) fällt Rom mit seiner «sozialen Doktrin» in der leteinamerikanischen Welt ein. «Wiedereroberung und technologische Bekehrung» geschehen nicht zufällig in Lateinamerika. Es ist die Doktrin, die mit Bildem, Satelliten, Regisseuren und mit einem reichen Aufkommen von Technikem und anderen «vanitas vanitatum» eindringt.

Sie greifen das Volk wahllos an.

Gegner dieser «cruzada» (Kreuzzug) ist die soziokulturelle und politische Dimension des Individuums, das seit 1492 gegen seine Unterdrückung und für seine Befreiung kämpft.

Die Offensive von Rom kann mit einer «Betäubung», einem Abfinden mit dem Unglück und der Ungerechtigkeit verglichen werden. Das Proletariat – des «Marxismus» beraubt –, hat Rom eine grosse Gelegenheit geboten. Mit dieser Kraft sprechen (wie sie sagen), damit man es mit der neuen Doktrin bezwingen kann. Die neue «Kolonisation» hat versucht, die «Politik», die im Proletariat mit dem Glauben eng verbunden ist, auszurotten. Wie ist es möglich, weit weg von Leid, Erniedrigung, Folterung und anderen Ungerechtigkeiten eine Doktrin zu schreiben, die sich gegen das Proletariat selbst richtet. Das ganze gleicht einer Kirche ohne Priester.

Jene Welt, die Politik und Glaube in ihrem Verstand trägt, erkannte im Jahre 1891, nach dem Erscheinen der ersten sozialen Doktrin, der «Rerum Novarum», geschrieben durch Papst Leo XIII., dass diese 44 Jahre nach dem Kommunistischen Manifest versuchte, diese neue Philosophie einzudämmen und damit der beste Verbündete des Besiegten zu werden. Aber war diese nicht bereits an der Macht als man den Bekehrungsprozess einleitete? Die katholische Kirche hat, nach dem Blutvergiessen auf dem Kontinent, den «Indio» gezwungen, den Katholizismus als sein eigenes «Kulturgut» anzunehmen. Die «Rerum Novarum» kam zu spät und nicht, weil damals eine Doktrin fehlte, sondern um eine Mauer gegen die sogenannte «kommunistische Häresie» zu errichten.

Nichts, was die Kirche in diesen 500 Jahren Schmach getan hat, ist wirklich positiv für den Kontinent gewesen. Sie hat immer noch keine Doktrin, die eine befreiende «neue Philosophie» bietet, dynamisch, wissenschaftlich und historisch zugleich. In der römischen Krise distanziren sich das Volk und die Theologen von der intransigenten Kirche. Sie entwickeln aus der Theologie der Befreiung ihr «neues Manifest», das auf dem Bündnis zwischen «Politik und Glaube» ruht. Wir sind keine «Atheisten», weil wir an die Politik glauben und weil wir die «Gerechtigkeit» und die «Befreiung» lieben. Befreiung und Glaube bilden eine Einheit. Sie gehören zusammen. Rom will und wird dies nie akzeptieren.

Im Prozess der «technologischen Bekehrung» hat die «Centesimus Annus» noch mehr Schaden angerichtet. Die Trennung der Armen von den Reichen schlug wie ein furchtbarer Blitz in die in Zwietracht geratene Kirche ein, um diese noch mehr zu spalten. Eine Kirche für den Reichtum, eine andere für die «Armut». Die Schmach dieser 500 Jahre ist, dass niemand die Ausrottung erkennt. Der Schadenersatz für dieses «kontinentale Verbrechen» sollte bereits eingeleitet sein mit der Streichung der Auslandsschulden, mit dem Wiederaufbau der Wirtschaft, der Schulen, der Spitäler sowie dem Recht, die eigene Freiheit in Zukunft autonom zu gestalten.

 

Juan Jesùs Godoy-Rosa

aus dem Italienischen übertragen von: Sergio Gregorio

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