Artikel vom: 19. November 2003
Box ad Die elsässischen Winzer jubeln
Die Glorreichen Sieben
Kleine elsässische Weinkunde
Von Jürg-Peter Lienhard (Fotos: Civa)
Das Elsass keltert seine Weine anders als die Schweiz, wo pro Quadratmeter
eine vier Mal höhere Ausbeute erlaubt und gebräuchlich ist.
Was der Schweizer in der Beiz normalerweise als Schweizer Weisswein aufgetischt
erhält, ist daher nicht nur von minderer Qualität, sondern
überteuert bis überrissen. Obwohl vor allem junge Winzer auch
in der Schweiz wieder anfangen, Qualitätsweine zu produzieren, pflegt
die grosse Masse der Weinbaugesellschaften immer noch den bei Weinkennern
verpönten biologischen Säureabbau, der jedoch im Elsass per
Gesetz verboten ist. Während deshalb Schweizer Weissweine kaum mehr
Charakter haben, ergo - egal welche Rebsorte - fast immer gleich schmecken,
weisen die elsässischen Weine einen erheblichen Anteil an natürlicher
Säure auf und unterscheiden sich von Gebiet zu Gebiet, ja selbst
von Winzer zu Winzer. Die elsässischen Weine sind insgesamt den
Schweizer Weissweinen auch darum überlegen, weil sie in einem äusserst
günstigen Mikroklima am Fuss der Vogesen oder in der Rheinebene selbst
in schlechten Jahren Oechsle-Grade erreichen, von denen die Schweizer
Winzer nicht mal zu träumen wagen.
Der zumindest in Grenznähe bei Schweizern bekannteste elsässische
Wein ist der «Edelzwicker». (Wohl, weil Deutschschweizer
Edelzwicker mühelos aussprechen können...) Doch der «Edelzwicker»
ist keine Rebsorte, sondern ein Verschnitt, oder korrekter eine Assemblage
aus Restmengen verschiedener Sorten - und da es im Elsass fast ausschliesslich
Edelsorten gibt, ist der «Edelzwicker» eben eine Assemblage
edler Sorten. Dann kommt ihm noch eine «Eigenschaft» zu:
Per Gesetz kann jeder Winzer seine Assemblage nach eigenen Gutdünken
oder Vermögen herstellen, muss sie jedoch immer mit dem gleichen
Anteil Edelsorten machen. Da die Winzer nun jeder für sich über
andere Quantitäten «Restmengen» Edelsorten für die
Assemblage verfügen, kann man ganz unterschiedliche und oft überraschende
«Edelzwicker» antreffen. So viel zum Thema «Edelzwicker».
Von den eigentlichen sieben Rebsorten des Elsass sind sechs
weiss und nur eine rot, oder besser gesagt, hellrot. Es ist die Sorte
Pinot Noir (Blauburgunder), wie sie in vielen
französischen Weingebieten (oder als Variante im Baselbiet und in
der Ostschweiz auch als «Beerliwyy» bekannt) anzutreffen ist.
Der Pinot Noir wird, wie die elsässischen Weissweinsorten, kühl
(dh. 10º C) getrunken und passt zu Wild und anderen Fleischgerichten
ebenso wie als Apéritif-Wein.
Sylvaner ist am untersten Ende der Sortenhierarchie
der elsässischen Weine angesiedelt - aber gleichwohl, je nach Lage,
kann er ganz schön überraschen. Er ist leicht und von diskreter
Fruchtigkeit. Man trinkt ihn so «zwischendurch», vielleicht
als Apéritif und sehr gerne zur Charcuterie-Vorspeise oder zu Fisch
und Meerfrüchte.
Pinot Blanc oder Weissburgunder ist rund und
gleichwohl delikat. Auch ihn trinkt man gerne «einfach so»
oder wie den Sylvaner als Apéritif und zu Vorspeisen.
Tokay Pinot Gris oder Grauburgunder ist eine Edelsorte,
die gerne auch «allein» getrunken, aber zum Essen für
Fisch und leichte Speisen beliebt ist. Den Namen Tokay hat er nicht deswegen,
weil er ein «Tokayer» ist, denn mit dieser meist in Ungarn
angesiedelten Rebsorte hat er biologisch gar nichts zu tun. Er bekam seinen
- richtig: ungarischen - Namen von Lazarus von
Schwendi (siehe Link am Schluss dieses Artikels), der die Vinifikationsmethode
des ungarischen Tokayers ins Elsass einführte, und womit der elsässische
Grauburgunder noch heute gekeltert wird.
Riesling (nicht zu Verwechseln mit RieslngXSylvaner,
auch Müller-Thurgau genannt) ist die «Königin der elsässischen
Weine» eine Edelsorte von Weltgeltung und ein gastronomischer Tafelwein
par exellence. Ihn trinkt man genau so zu Gänseleber wie Choucroute
à l‘Alsacienne, Käse oder grosser Tafel.
Muscat d‘Alsace, eine sehr kräftige Rebsorte,
die einen ausgesprochenen Charakter ergibt, und daher nicht zum Essen,
sondern als Dessert- oder als Wein für «bessere Gelegenheiten»
ausserhalb der Mahlzeiten genossen wird.
Ebenso verhält es sich mit dem Gewürztraminer,
wohl einer der berühmtesten elsässischen Weine (und bei den Deutschschweizern
so beliebt, weil sich sein Name so «vertraut» anhört…).
Sein intensives Geschmacksbouquet, das starke Erinnerungen an Aromen wie
Blumen oder Gewürze anklingen lässt, macht auch ihn zu einem
Dessert- oder Edelwein ausserhalb der Mahlzeiten. Berühmt ist der
Gewürztraminer aber gleichwohl als Begleiter von Gänseleber,
wiewohl echte Gourmets dafür den Riesling bevorzugen - weil man «einer
schönen Frau nicht auch noch ein kostbares Kleid anziehen» soll…
Noch ein Wein aus dem Elsass, der aber keine eigene «Sorte»,
sondern ein nach der «Méthode champenoise» hergestellter
Schaumwein ist, macht den Reigen des «flüssigen Goldes»
im Elsass voll: Der «Crémant d‘Alsace» ist meist
viel besser und erst noch günstiger als die meisten Bar-Champagner
in der Schweiz. Häufig sind die elsässischen Schaumweine gar
aus der Edeltraube Riesling gekeltert und nicht aus der wenig edleren
Traubensorte Chardonnay, wie in der Champagne bei vielen «Champagnern»
üblich.
• Weitere kompetente und komplette Informationen über
die elsässische Weinwirtschaft, die Weinkultur und die Weine finden
sie vollständig hier: Mehr…
• Wer war Lazarus von Schwendi? Mehr…
• Lazarus von Schwendi erstellte für seinen Herrschaftsbereich
eine Wirtshausordnung, die heute wieder eingeführt, gar nicht so abwegig
sein mag… (Zum Betrachten dieser Seite benötigen Sie den Akrobat-Reader,
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