26.07.2001 - Wirtschaft Elsass
Japaner haben festen Fuss im Elsass gefasst
Investoren vom anderen Ende der Welt
Das Elsass bietet viele Standortvorteile für japanische
Firmen - Bereits bestehen 18 Niederlassungen aus dem «Land des Lächelns»
- 5000 Arbeitsplätze in 15 Jahren geschaffen
Im Elsass haben sich in den letzten 15 Jahren 18 japanische Firmen
niedergelassen. Sie beschäftigen über 5000 einheimische, zum Teil
hochqualifizierte Arbeitskräfte. Auch in Zukunft werden sich weitere
japanische Investoren in unserer Nachbarregion niederlassen: Der Japaner
bevorzugt Regionen, wo es bereits japanische Präsenz hat.
Von Jürg-Peter Lienhard
Das atemraubende Tempo, mit dem es dem Elsass in weniger als
15 Jahren gelang, 18 japanische Firmen zu Investitionen zu bewegen,
steht im Gegensatz zu seinen Bemühungen, Kontakte mit seiner
unmittelbaren Nachbarschaft aufzubauen: «Die Beziehungen zur Schweiz und
zu Deutschland erforderten jahrzehntelange Aufbauarbeit», erklärt André
Klein, Direktor der «Agence de développement d'Alsace» (ADA).
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Die jüngste Niederlassung: THK in Ensisheim. Foto
J.-P. Lienhard, Basel © 2003 |
Die elsässische Wirtschaftsförderung ADA hat - als Instrument des
elsässischen Regionalrats in Colmar und Strassburg vertreten -
massgeblich an der Ansiedlung der japanischen Firmen mitgewirkt und ist
gewissermassen die Drehscheibe für die Umsetzung der
Investitionsprogramme der Japaner.
Seit 1982 unterhält ADA in Tokyo ein Büro. Die Einrichtung dieses Büros
mit seinen vergleichbar «billigen» Kosten, war der eigentliche Schachzug
Kleins nach seiner ersten, touristischen Reise ins «Land des Lächelns»:
Die so geknüpften Beziehungen schufen mehrere tausend Arbeitsplätze.
Die «richtige Wahl» für Japaner
Stolz vermerkt Klein in der japanisch-elsässischen Sonderausgabe des
Magazins «J'aime l'Alsace», dass alle japanischen Unternehmer der
Ansicht seien, mit ihrer Niederlassung im Elsass «die richtige Wahl
getroffen zu haben». Die erschlossenen Standorte erlebten einen
«progressiven Leistungsanstieg, der zu einer Erhöhung ihrer
Produktionskapazität auf quantitativer und zugleich qualitativer Ebene»
führte.
Gleichwohl birgt der rasante technische Fortschritt auch in den
erfolgreichen japanischen Unternehmen im Elsass die Gefahr von
Arbeitsplatzverlusten: Die Umstellung auf digitale Techniken erfordert
weniger Personal. Sharp in Soultz - mit einem Jahresumsatz von 500
Millionen Francs - begegnete dieser Gefahr jedoch mit der Ergänzung
ihrer Produktepalette durch die Aufnahme der Produktion von Tintenpatronen.
Sony verordnete Kurzarbeit
Sony hingegen musste in der Vergangenheit zwei Mal Kurzarbeit verordnen,
um Entlassungen vorzubeugen. Und Mitsui hat erst die Hälfte der
versprochenen 250 Arbeitsplätze besetzt.
Der Anteil an japanischem Kapital pro Kopf der Bevölkerung ist von allen
Regionen Frankreichs im Elsass am höchsten. Wobei eh schon 44,6 Prozent
aller arbeitenden Elsässer in einem von ausländischem Kapital
beherrschten Unternehmen tätig sind, hat ADA ermittelt.
Die über 5000 in japanischen Unternehmen beschäftigten Elsässer
entsprechen über acht Prozent der arbeitenden Bevölkerung, was bei der
Gesamtzahl der Einwohner beider Departemente Ober- und Unterelsass von
etwas mehr als 1,6 Millionen Personen wohl erstaunlich ist.
Demgegenüber halten sich im Elsass nur ungefähr 700 Japaner als
ganzjährige «Résidents» auf. Damit beherbergt unsere Nachbarregion die
grösste japanische Gemeinde Frankreichs nach Paris.
Kulturelle Massnahmen zur Förderung des Wohlbefindens
Das Elsass unternimmt mannigfaltige Massnahmen - auch kulturelle -, um
das Wohlbefinden der Japaner zu erhalten und zu fördern. So wurde
bereits 1986 in Kientzheim das Gymnasium «Lycée Seijo d'Alsace»
eingerichtet, um den Kindern der Japaner im Elsass heimatlichen
Unterricht zu gewährleisten.
Auch wissenschaftliche Programme sind in die Tat umgesetzt worden: Die
Louis-Pasteur-Universität in Strassburg hat die Idee Japans
aufgegriffen, den Kraftaufwand im Rahmen der Grundlagenforschung der
Gehirnfunktion und den biologischen Molekularfunktionen zu
internationalisieren. So fungiert Strassburg seit 1989 als Sitz des
Generalsekretariats «Human Frontier Science Program», dessen Budget sich
derzeit auf 46 Millionen US-Dollar beläuft.
Angetan von der elsässischen Lebensart vergeht kaum eine der vier
Jahreszeiten, in der die Japaner nicht elsässisch-japanische
Veranstaltungen in Form von Weinfesten, Ausstellungen,
Kulturbegegnungen, Reisen usw. begehen. Natürlich alles vor den
schmucken Kulissen der von den fotoverrückten Japanern aufgesuchten
Weinorten, romanischen Bauten, den Innenstädten von Strassburg und
Colmar sowie dem «Ecomusée d'Alsace» und anderen sympathiestiftenden
Sehenswürdigkeiten.
Jürg-Peter Lienhard
Die japanischen Unternehmen und Institutionen im Elsass
Oberelsass
- Sony France, Ribeauvillé
- Ricoh Industrie France SA, Wettolsheim
- Sharp Manufacturing France SA, Soultz
- Lycée Seijo d'Alsace, Kientzheim
- Alfarma (Sankyo Pharma), Altkirch
- Nippon Express France, Euroflughafen St-Louis
- THK Manufacturing of Europe SAS (TME), Ensisheim
- Peugeot Motocycles (25 % Honda), Dannemarie
- Mitsui Toatsu Chemicals, Ensisheim
Untelsass
- Todenco France SA, Séléstat
- Jamaha Electronique Alsace SA
- Barudan Trading, Bischoffsheim
- Barudan Co. Ltd., Bischofsheim
- NTN France SA, Schweighouse sur Moder
- Casio Montres France SA, Saverne
- Human Frontier Science Program, Université de Strasbourg
- Consulat Général du Japon, Strasbourg
- Menicon Pharma, Illkirch Graffenstaden
- France Japan Trading Company, Strasbourg
- Daicel-Chiral, Illkirch-Graffenstaden
- Mitutoyo France, Illkirch-Graffenstaden
- Shionogi Qualicaps, Illkirch-Graffenstaden
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Die japanischen Firmen im Elsass sind praktisch
gleichmässig über beide Departemente verteilt. |
Lesen Sie dazu auch:
Interview mit André Klein: «Elsässische und japanische Mentalität sind
sich ähnlich»
Kommentar von J.-P. Lienhard |