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Kunst

Eine Ausstellung in zwei Städten

Ein Gewaltsbrocken mit seinen gewaltigen Brocken

Eröffnung der beeindruckenden Ausstellung von Bernhard Luginbühls Holz- und Eisenmonster im Tinguely-Museum in Basel. Gleichzeitig eröffnet eine Luginbühl-Ausstellung in Bern

Alphorn


Auch das ist ein Luginbühl: Eisen und Alphorn - zwei Welten in einem  Kunstwerk vereint. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2003

Basel. tm/jpl.- Nicht alles, was er anfasst, ist wuchtig. Nein, Bernhard Luginbühl hat - wie so mancher mit rauher Schale - auch seine ganz «feine» Art: Wer aufmerksam genug ist, entdeckt nämlich in der am Sonntag, 21. September 2003, bevorstehenden Eröffnung seiner Ausstellung im Tinguely-Museum in Basel, einige Skulpturen aus Zündhölzern und auch eher als «Tischskulpturen» zu bezeichnende Eisenplastiken. 

Von Jürg-Peter Lienhard


Der Berner namens Bernhard Luginbühl, ist doch sonst bekannt für seine rostigen Eisenmonster, für seine mächtigen Schaukeln, auf denen tonnenschwere sogenannte «Abbruchbirnen» hin und her kugeln. Ein Trailer im Schweizer Fernsehen zeigt ihn als wandelnden «Vulkan» - im Asbest-Anzug mit einem hoch-zischenden Feuerwerk auf dem Kopf. Mit einem Wort: ein gewichtiger Mann in Wort, Bild und Muskelfleisch.

Auf die Vermutung hin, dass Luginbühl seine «Schwergewichtler» wohl mit einem Arm in die grosse Halle des Tinguely-Museums gehievt hat, wehrte die Aufseherin ab: «Das war wohl früher mal so - heute machens eben seine Söhne.» Zusammen mit seiner Söhneschar - einer heisst Brutus - hat er denn auch die Riesenhalle pünktlich zur Medienpräsentation «alimentiert». Augenfälligstes «Möbel» ist eine Riesenrutschbahn, für deren Masse er sich wohl selber als «Muster» genommen hat: Die spiegelblanke Rutschbahn ist mindestens einen Meter breit.


Giacomett-ähnlich  
















Passen in jedes Wohnzimmer (…): Eine Serie mannshoher Skulpturen des gewöhnlich haushohe Plastiken schaffenden Luginbühl. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2003



Luginbühl ist aber auch ein begnadeter Geschichtenerzähler. Eines seiner - ebenfalls «gewichtigen» Bücher - ist ein Fotoroman von etwa 1‘000 Seiten. Doch nicht etwa die Fotos allein, sondern seine nur wenige Zeilen langen Bildunterschriften, sind der besondere Genuss dabei. Was er schreibt, ist beinahe «selbstredend», und wenn er einem Reporter ein Interview gibt, braucht der kaum eine Kamera, weil der «Eisenplastiker» so bildhaft eindrücklich erzählt.

Z.B. wenn er auf seinem «Schrottgelände» wieder einmal festgestellt hat, dass Eisen «gestohlen» wurde, so brauchte er den «Täter» nicht lange zu suchen und konnte Gift drauf nehmen, dass es sein Freund Jeannot (gemeint Jean Tinguely) war. Und wahrlich waren beide Freunde, auch wenn Tinguely es - zumindest geographisch - weiter als Luginbühl gebracht hat. Luginbühl, so erzählte mir einmal Tinguely, sei so «sesshaft» auf sein Bernbiet «beheimatet», dass, wenn er einmal vom Emmen- ins Simmental reise, er jedes Mal nach dem ersten Hügel ausrufe: wie wunderbar diese «andere» Welt doch sei…



Bollen  













Rost ist sehr schwierig zum Fotografieren, selbst wenn die Herbstsonne prall aufträgt, wie hier im Park des Tinguely-Museums in Basel. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2003



Es ist daher nichts anderes als logisch, wenn das Tinguely-Museum dem Freund seines Freundes Gelegenheit gibt, sich daselbst auszustellen. Dabei wird ganz schnell klar, wie beide sich, trotz vordergründigen «Gemeinsamkeiten» - nämlich Schrott - überhaupt durch ganz verschiedenartige Intentionen unterscheiden: Hier der filigrane, bewegende Tinguely - dort der massige, statische Luginbühl. Doch wenn man genau hinsieht, gibt es Umkehrungen bei beiden. Und bei dieser Ausstellung kann man das erst recht erkennen: der Luginbühl kann sehr poetische Sinnlichkeit selbst in «Eisenmonster» einbringen, aber das zeigt er auch in kleineren Plastiken oder gar in zu Serien aufgereihten Objekten à la Giacometti.

Wie wenig Luginbühl bei seinen «Schrott-Kompositionen» dem Zufall überlässt - obwohl das «Rohmaterial» seiner Plastiken die Form vorzugeben scheinen -, sieht man bei seinen Zeichnungen und Entwürfen zu seinen Plastiken. Nur auf den ersten Blick scheinen sie technische Zeichnungen zu sein - weil sie so präzise und erst noch auf «Hyslipapier» gezeichnet sind. Doch die scheinbare Ordnung der technischen Zeichnung enthüllt das «Chaos» der Kreativität Luginbühls. Einer fesselnden, poetischen und absolut eigenen Kreativität.


Zeichnungen


Luginsbühls Zeichnungen sind genauso spannend zu lesen, wie die Poesie in seinen mächtigen Eisenplastiken. Und manchmal sind auch seine Zeichnungen riesig - wie die hier abgebildete, die nicht mal Platz auf dem Foto hat, weil sie mehre Meter lang ist. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2003
 


Das Tinguely-Museum Basel zeigt zusammen mit dem Kunstmuseum Bern eine «städteübergreifende» Sonderausstellung mit dem Namen «Luginbühl total», wobei die in Basel vom 21. September 2003 bis zum 14. März 2003 dauert, und die in Bern vom 21. September 2003 bis zum 25. Januar 2004. Gezeigt werden neben den Ungetümen in «Rost» die zarten Zeichnungen, die uferlosen Tagebücher, die wilden Fotos und Filme, Luginbühls «Tinguely-Memorabilia» und die «jeantinguelytagebuchnotizen» als Fortsetzungsroman und einen Kanonenturm.


Lesen Sie dazu weitere Informationen über den Künstler, die vom Museum Jean Tingueli zusammengestellt worden sind. Mehr…


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Leider geht das Jean-Tinguely-Museum mit der Unterstützung der Petition für die Wiederanbringung der «Luminator»-Skulptur von Tinguely in der neugestalteten Schalterhalle des Bahnhofs Basel SBB eine sehr kritische Patenschaft ein: Auch diese Halle aus der Gründerzeit der Eisenbahnpioniere ist ein Kunstwerk - ein architektonisches Gesamtkunstwerk, dessen Geltung es durch den Raum, also durch die freie Kuppel erhält. Bei allem Respekt für Tinguelys Kunstwerk: die von allem Reklame- und anderem verstellendem Beiwerk befreite Kuppel sollte frei bleiben. Hier ein Kunstwerk in ein Kunstwerk zu stopfen, bedeutet ein «blindes Kunstauge», ein übereifriges zu alledem noch. Und das tut weder Tinguely noch seinem Museum gut. Das meint: Jürg-Peter Lienhard, Journalist BR

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