Zolli
Eine Torte für den Juiblar:
Prof. Ernst Lang zum 90.
25 Jahre war er erfolgreicher Zolli-Direktor
Von Jürg-Peter Lienhard
Kaum zu glauben - aber es ist wahr: Prof.
Ernst Lang, der berühmteste (und umstrittenste) Zollidirektor feiert
am Donnerstag, 16. Oktober 2003, seinen 90. Geburtstag. Er ist bei guter
Gesundheit, rüstig und gut zu Fuss. Weil dieser runde Geburtstag auch
mit dem traditionellen Zolli-Apréro vom 15. Oktober 2003 zusammentraf,
war der Jubilar Ehrengast.
90 Kerzlein hätten auf dem kleinen Geburtstagskuchen
für Ernst Lang gar nicht Platz gehabt - aber grösser
brauchte der Kuchen auch gar nicht sein, denn die Pressevertreter am Zolli-Apéro
hatten ihr eigenes Dessert bereits verdrückt. Zolli-Direktor Oliver
Pagan (rechts) spienzelt auf das Marzipanstück obenauf, worauf ein kunstvolles
90 in Schokolade gegossen ist. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2003
Der derzeitige Zollidirektor, Oliver Pagan, hatte zudem als besondere Überraschung
in den Annalen des Zollis ausgraben lassen und hat die Ergebnisse der vielen
Zuchterfolge unter Langs Führung bebildert und dem Jubilar als Geschenk
übergeben. Die Übergabe geschah ausgerechnet im Okapi-Haus, dort
wo unter Langs ehemaliger Direktion das erste Okapi der Welt in einem Zoo
geboren wurde.
Prof. Dr. Ernst Lang war bis 1942 Tierarzt in Binningen, und trat dann
die Nachfolge des verstorbenen Zollitierarzte Dr. Ed. Bonnand an. 1953 wurde
er vom Verwaltungsrat zum Direktor des Zoologischen Gartens Basel gewählt,
als Nachfolger von Prof. Dr. Heini Hediger, der in jenem Jahr sein Amt als
Direktor des Zoos Zürich antrat. Diese damalige «Rochade»
des Baslers Hediger mit dem Zürcher Lang, gab viel zu reden und war
auch mehrmals Gegenstand fasnächtlichen Spotts.
Flair für Publizität
Doch die Wahl von Ernst Lang erwies sich für den Zolli
als überaus fruchtbar. Lang hatte zwar sehr gute Mitarbeiter, wie der
Oberwärter Dr. h.c. Carl Stemmler, die sicher auch zu den Welterfolgen
des Zollis beigetragen haben. Aber Lang hatte ein ausgesprochenes Flair
für Publizität, und unter keiner anderen späteren Direktion
war der Zolli derart tief verankert im Bewusstsein einer sehr breiten Bevölkerungsschicht
weit über die Grenzen hinaus.
Es liegt mir fern, spätere Direktionen als weniger publizitäts-aktiv
zu bezeichnen. Vielmehr ist es so, dass durch Tierfilme im Fernsehen, durch
andere Zoos, durch Safari-Tourismus und durch das explodierende Freizeitangebot,
der Zolli die Aufmerksamkeit des Publikums mit einer stetig wachsenden «Konkurrenz»
teilen muss.
Zolli-Wegweiser an jeder Strassenecke
Aber gleichwohl: Lang schaffte es in seiner Zeit, dass Basel beinahe an
jeder Ecke mit Wegweisern zum «Zoo» beschildert war, ja dass Touristen
ab Bahnhof, Grenzen oder Muba gewissermassen in den Zolli gezwungen wurden.
Unter seiner Ägide entstand dann auch der Zolli-Apéro, an denen
zunächst nur eine verschworene, treue und sehr qualifizierte Journalisten-Gruppe
teilnahm und sich an strikte «Sperrfristen» - die Samstagsausgaben
nämlich - hielt.
Mit der Verödung der Presselandschaft in Basel verloren dann diese
vom Publikum höchst geschätzten Feuilletons, die vor allem vom Anfang
dieses Jahres verstorbenen Hanns U. Christen (genannt «-sten»)
meisterhaft umgesetzt wurden, ihren prominenten Platz in der Presse.
Zukunftsweisende Ausbauten
In den 25 Jahren, in denen Ernst Lang Zollidirektor war, wurden
zudem zahlreiche zukunftsweisende Gebäude und Anlagen eröffnet
und das Gelände des Zolli erweitert: 1956 das dritte Raubtierhaus (inzwischen
durch die soeben neueröffnete Löwenanlage ersetzt); 1959 das Nashorn-
und Zwergflusspferdhaus; 1961 wurde das Nachtigallenwäldchen ins Zolli-Areal
einbezogen; 1965 erhielten die wissenschaftlichen Mitarbeiter und die Verwaltung
endlich ein anständiges Bürogebäude mit grosser Kassenfront;
1969 bezogen die Menschenaffen und 1970 die Kleinaffen ihre neue Unterkunft;
1972 war das Jahr der Vivarium Eröffnung, wo heute 75 Prozent aller
Zollitiere untergebracht sind, und schliesslich war 1977 die Einweihung des
Kinderzollis, womit der Zolli unter Lang auch wieder auf innovative Weise
Neuland betrat.
Ebenso wie seine Wahl zum Direktor des Basler Zollis, gab seine Abwahl
1978, zu reden. Schliesslich brachte sie über einige Jahre Unruhe in
der Nachfolgeregelung, insbesondere mit dem Rausschmiss von Dieter Rüedi,
und beruhigte sich erst mit der Wahl von Peter Studer und dem jetzigen Direktor,
Olivier Pagan, - übrigens sehr zum Wohl des Zollis. Vor allem in der
Rüedi-Zeit agierte Ernst Lang als unerbittlicher Kritiker - teils voll
zu recht. Aber dass er jetzt vom ehemaligen und jetzigen Zollidirektor mit
einer Geburtstagstorte und ehrenden Erinnerungen bedacht wurde, zeigt, dass
der Zolli Langs Vertrauen wiedergewonnen hat. Immerhin: in den Augen der
Öffentlichkeit ist das Ansehen des Zolli stets ungebrochen geblieben.
Jürg-Peter Lienhard
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